Die Klimperkutsche

Wie alles begann

Wovon träumt so mancher Pianist? Musik an einem X-beliebigen Ort zu spielen, Straßenmusik ohne Steckdose, einfach mal im Freien üben. Nun hatte die Pandemiezeit Freiraum geschaffen, in dem einige Tastenritter in den heimischen vier Wänden die Finger auf Vordermann gebracht haben, und einer von denen wollte unbedingt raus. Das Bedürfnis war so groß, und die Gelegenheit so günstig, dass ein Klimperer und ein Verwandter und Namensvetter von Daniel Düsentrieb, der Konstrukteur, sich entschlossen, diesen Traum wahr werden zu lassen.

Der zündende Funke

Wie viele besondere Ereignisse ging es los mit einem weinseeligen Abend, die Idee kam auf, und der Konstrukteur zeichnete wie der Teufel, bis klar war: Die Idee ist umsetzbar. Und da die Idee so gar nicht vernünftig war, gab es kein Zurück mehr. Es brauchte nur noch mich, einen Haufen Stahl, eine Transportmöglichkeit, ein paar viele Stunden Zeit, eine besonders innige Beziehung zu den Baumärkten der Umgebung, dies, das und noch mehr dies das, und drei Euro (oder vielleicht ein klein wenig mehr).

Die ersten Schritte

Bevor ich Teil dieses aberwitzigen Unterfangens wurde, kümmerten sich die Verrückten um die Behausung für mich. Mit einer Kiste mit Anhängerkupplung bezogen sie ihren neuen Lebensmittelpunkt, die Garage, schubsten das Zugpferd hinein, und schraubten und bohrten und schnitten und klemmten und schmierten, bis sie einen Nubsi an der Kutsche hatten (Danke, Toni, für die Rampe und den Testhänger!).

Der nächste große Schritt war mein Schneckenhaus. Ein kurzer Ritt ins Saarland, auf dem Rückweg ein ausgiebiges Schaumbad, und schon war die Hülle bereit, mich aufzunehmen. Und so konnten sich die Spinner kurz darauf zu meinen bisherigen Kümmerern aufmachen und mich von dort ins Konstruktions-Chaos bringen. VIelen Dank, Linda, für diese Reise!

Flexen, schweißen, pinseln, schrauben, kleben

Nun ging es richtig los. Während der Konstrukteur vor allem eine stabile Haltevorrichtung für die Elektroseilwinde bastelte, gab sich der Klimperer Mühe, mein Schneckenhaus etwas klimakonstanter mit Isolierung und gut reflektierender Farbe auszustatten. Und eine neue Tür bekam das Schneckenhaus auch noch, bevor die beiden sich meinem anschmiegsamen Stahlkorsett widmeten. Schon witzig, einem Klimperer beim Handwerk zuzusehen – mich stimmen hat da doch deutlich besser geklappt! Naja, ein paar viele Stunden später war ich luftbereift, und der erste Test konnte beginnen.

Von den ersten Schritten zum flotten Ritt

Meine ersten Versuche, mich an meinen Gewindestangen hochzuziehen und auf die Räder zu wackeln, waren ziemlich ruckelig und so gar nicht rund. Zu sehr versuchte die Schwerkraft, mich mal hierhin, mal dorthin zu ziehen. Es ging irgendwie, und irgendwie doch nicht. Ein paar Versuche später war ich so müde, dass die Verrückten beschlossen, es mir leichter zu machen. Aus den Gewindestangen wurden zwei kräftige und doch sanfte Hydraulikzylinder, und mit gelegentlichen Pinselstrichen wurde mein Korsett zunehmend ansehnlicher.

Endlich flügge

Es brauchte noch ein paar Ideen, Umkehrungen und Tage, und dann war es soweit: Mit ein wenig Puste stemmte ich mich in Fahrposition, und sanft ließ ich mich wieder zu Boden. Das war ein fantastisches Gefühl! Vor lauter Freude wiederholte ich das bestimmt zehn Mal, und zum krönenden Abschluss posierte ich noch einmal in voller Montur: Mit Sonnenschirm. Die Reise konnte beginnen!